Das Gußhaus- und Freihausviertel rund um die TU Wien im 4. Wiener Gemeindebezirk zeichnet sich durch viele unterschiedlich große und verschieden geformte Platzsituationen aus. Das Potential, interessante Aufenthaltsflächen für die Nutzer*innen des Raumes zu gestalten, ist im Grätzl jedoch bei weitem nicht ausgeschöpft.
Das Projekt Netze Neu Nutzen setzt hier an: Die Aufenthaltsqualität auf bestehenden und neu entstehenden Plätzen soll gestärkt werden und die Räume sollen durch ein Netz, dass vor allem auf Fußgänger*innen und Radfahrer*innen abgestimmt ist, verbunden werden.
Die Gestaltungsprinzipien als Werkzeuge zum Netze knüpfen
#1 Fläche schaffen durch das Aufbrechen linearer Strukturen
Durch die Aufhebung der Trennung verschiedener Verkehrsteilnehmer*innen und die Verschwenkung der Fahrbahn gewinnen die vielfältigen Plätze, Platzsituationen und dazwischen liegenden Straßenräume an Bedeutung. Die Bodengestaltung und die bewusste Platzierung von Mobiliar und Grünelementen teilen sanft in Zonen der Bewegung und des Aufenthaltes.
#2 Begrünten nutzbaren Freiraum herstellen
Vorhandene Grünflächen dienen derzeit häufig als Abstandsgrün und sind daher kaum nutzbar. Durch kleine Maßnahmen sollen bestehende Grünflächen zugänglich gemacht und zusätzlich Grünelemente und begrünte Aufenthaltsräume geschaffen werden. Neben der Strukturierung unterschiedlicher Zonen des öffentlichen Raums und der ästhetischen Aufwertung wird darüber hinaus die Artenvielfalt erhöht und das Mikroklima positiv beeinflusst.
#3 Leiten des Blicks und der aktiven Fortbewegung
Durch das Freilegen von Sichtachsen und das Errichten von "Aussichtspunkten” werden Blicke auf die nächsten Platzsituationen und interessante Fassaden gelenkt. Ein Orientierungssystem an wichtigen Schnittstellen leitet Besucher*innen des Grätzls von Platz zu Platz und fördert eine differenzierte Wahrnehmung des Stadtraumes.
Der Superblock Superkarl*a als Rahmen des Netzes
Die Verkehrslösung beruft sich auf den in Barcelona entwickelten Superblockansatz. Dabei werden mehrere Baublöcke zu einem größeren Block zusammengefasst. In dieser Zone ist der Raum überwiegend der aktiven Mobilität und dem Aufenthalt im öffentlichen Raum gewidmet. Das Einfahren in den Block ist für den motorisierten Individualverkehr nur zum Zu- und Abfahren zulässig. Die Ausgestaltung als Begegnungszonen, in der sich die Verkehrsteilnehmer*innen bei geringer Geschwindigkeit auf Augenhöhe begegnen, ermöglicht sanfte Übergänge zwischen bewegten und ruhigen Bereichen.
Die Umgestaltung zur Attraktivierung des Netzes
Die zahlreichen Grätzlplätze im Gebiet werden im Entwurf großteils nur geringfügig verändert. Es werden jedoch Maßnahmen gesetzt, die mehr Nutzungsmöglichkeiten auf den Plätzen eröffnen, sei es durch eine verbesserte Zugänglichkeit, mehr Platz, Beschattung oder zusätzliche Aufenthaltsmöglichkeiten. Besondere Bedeutung kommt den Straßenräumen, die die Plätze verbinden, zu. Diese werden von Verbindungs- zu Aufenthaltsräumen. Dabei ist ein wichtiges Ziel des Projekts die Schaffung von freien Flächen, deren Verwendung nicht durch den Entwurf vorgegeben wird. Stattdessen sollen sie als Ermöglichungsflächen der spontanen Verwendung bzw. saisonalen Nutzung zur Verfügung stehen.
Am Rande des Karlsplatzes - Ausschnitt A
Karl*as Mitte ist ein Kernstück des Entwurfs. Gemeinsam mit dem Karlsgrün und dem Kleinen Margaretenplatz gehört sie zu den Räumen des Grätzls, die durch den Entwurf am stärksten verändert werden. Die neu geschaffene Platzsituation bietet Aufenthaltsmöglichkeiten für Studierende, Bewohner*innen und vor Ort Arbeitende. Die Hügel greifen die Geschichte des Raumes auf, denn ihre organischen Formen erinnern daran, dass sich auf dem Gebiet des heutigen Viertels einst eine Aulandschaft des Wienflusses befand. Die farbigen Hügel mit Granulatbelag bieten Spiel- und Sitzmöglichkeiten. Des Weiteren bringen begrünte Hügel Akzente in den Raum und die angrenzenden Bäume beschatten und kühlen.
Mit der Karlsplatzplattform bekommt der Eingang ins Grätzel einen Grünraum, von dem man den Karlsplatz überblicken kann. Das Karlsgrün neben der Karlskirche wird ein nutzbarer Grünraum der sanft in einen urbanen Platz mit rosa blühenden Kirschbäumen übergeht.
Das Gußhausviertel - Ausschnitt B
In diesem Ausschnitt des Grätzls spielen die angrenzenden Nutzungen der TU Wien eine tragende Rolle. Der Tausigplatz wird vergrößert und mit kommunikativen Sitzelementen ausgestattet. Am Erzherzog-Johann-Platz, welcher Teil der Grünverbindung Gußhausstraße - Schleifmühlgasse ist, werden die Barrieren entfernt und die Grünfläche, die Richtung Favoritenstraße verbreitert wird, zugänglich gemacht. Am Erzherzog-Johann-Platz wird die derzeitige Gestaltung aufgegriffen, und eine Pausenfächen mit Pavilliongefühl entsteht. Am Irene-Harand-Platz wird der Aufenthaltsbereich durch eine Laube vom Verkehr abgeschottet.
Das Freihausviertel - Ausschnitt C
Die Margaretenstraße zwischen Rilkeplatz und dem neu geschaffenen Kleinen Margaretenplatz ist durch kleinteilige Erdgeschosslokale gekennzeichnet. Damit in dieser Gasse das Schlendern attraktiviert wird, werden auch hier Stellplätze an der Oberfläche entfernt und die beiden Plätze durch eine Begegnungszone miteinander verbunden. Der Rilkeplatz ist stark durch Schanigärten geprägt, während der Kleine Margaretenplatz mehr Platz für nicht kommerzielle Nutzungen bietet.
Der Weg zur gemeinsamen Nutzung der Netze
Karl*as Quartier entsteht nicht durch ein abgeschlossenes, vorgefertigtes Konzept, sondern ist als adaptiver und bunter Prozess zu verstehen.
Gestaltungsspielraum Ermöglichungsfläche
Durch den Entwurf entstehen - vor allem durch die Reduktion der KFZ-Stellplätze im Straßenraum - Flächen, die spontan als Freiraum nutzbar sind und für die man unbürokratisch eine Bewilligung für längerfristige saisonale Nutzungen bekommen kann.
Innerhalb des Superblockes, ist die „freie“ Fläche eine Ermöglichungsfläche (sie wird nicht markiert - vgl. Typ A), am Superblockrand in der Gußhausstraße, sind Ermöglichungsflächen baulich und farblich gekennzeichnet (z. B. Größe von 1-2 Stellplätzen - vgl. Typ B).
Damit die Ermöglichungsfläche genutzt werden kann, ist ein Nutzungsvertrag mit der Stadt Wien nötig. Die Entscheidung über die Auswahl und Förderung von saisonalen Projekten (Dauer ca. 3 Monate) erfolgt auf lokaler Ebene und möglichst niederschwellig. Des Weiteren wird eine Ideenplattform errichtet, in der Ideen gesponnen, Projektmitwirkende gesucht und Projektideen vereinigt werden können
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