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  • Lisa

Zukunftsmusik ♫

Wenn das (öffentliche) Leben gerade wie eine ewige, nicht enden wollende Warteschleifenmusik klingt oder gar so wirkt, als hätte jemand die Stopp-Taste gedrückt, dann ist es Zeit ein bisschen Zukunftsmusik zu komponieren und zu spielen. Klingt die Zukunft der Karls*agasse eher wie Blues, Jazz, Samba? Wenn du dich in Gedanken in die Karls*agasse versetzt, durch diese schlenderst und an ihre Zukunft denkst – was siehst, was hörst, was fühlst du?


Schon in der ersten Phase der Analyse wurden einige Visionen für die Karls*agasse entwickelt und in Ansätzen beantwortet was die Karls*agasse werden soll (rosa) und mit welchen Maßnahmen (türkis) man diese Zukunftsbilder erreichen kann.

Aus diesen einzelnen Teilen, die teils Takte, teils Noten, teils ganze Liedteile sind lassen sich unterschiedliche Zukunftsbilder für die Karlsgasse komponieren.



Blues – Ich spiel dir das Lied vom Tod (des öffentlichen Raums)

Was ist, wenn ein negativ verstärkender Effekt eintritt und einfach nichts mehr passiert, weil nichts passiert? Was ist, wenn eine Straße als öffentlicher Raum ohne die fehlenden sozialen Interaktionen und Impulse einfach nicht mehr interessant und attraktiv erscheint? Wenn sich das Leben von den Straßen tatsächlich auch langfristig in die Häuser verlagert? Dann ist das der Tod des öffentlichen Lebens auf der Straße.


In meiner Dystopie ist genau dies eingetroffen. Der Straßenbelag gibt Ein-Meter Abstände vor, Desinfektionsmittelspender sollen zumindest etwas Abhilfe vor der Angst sich in einem solch engem öffentlichen Raum wie einer Gasse aufzuhalten schaffen. Obwohl die Gehsteige, aus Sicherheitsgründen, verbreitert wurden bedeutet dieses Szenario das Ende der*des Flaneur*in. Straßenraum wird nur noch für notwendige Aktivitäten benutzt. Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und Autofahrer*innen eilen durch die Straße, der Kontakt zu anderen wird vermieden. Sitzbänke werden nur verwendet, um sich kurz auszuruhen und bevorzugt als Einsitzer gebaut…


Wenn ich an diese Dystopie denke läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Natürlich ist dieses Zukunftsbild überzeichnet, doch die Frage, ob sich die derzeitige Situation langfristig auf das öffentliche Leben auswirken wird ist wohl keine unbegründete. Deshalb geht es für mich in dieser Zeit um mehr als einen Vorschlag, einen Entwurf für die Umgestaltung eines Straßenraumes zu machen. Es geht darum eine positive Zukunft und eine Perspektive für den öffentlichen Raum nach der Krise zu zeichnen.



Funk – Hier ist die Karls*agasse!

Die Karls*agasse ist modern und (ökologisch) nachhaltig und schreit dies förmlich nach außen, jede*r soll es hören und sie besuchen und bestaunen! Nach der Krise wurde erkannt, dass die Klimakrise eine noch größere unsichtbare Gefahr ist, als die gerade erst überwundene.


So wurde die Karls*agasse zum Testfield der TU für Klimawandelanpassung und urbane Nachhaltigkeit erklärt. Plötzlich sind die finanziellen Mittel, die lang erhofften Bäume zu pflanzen doch vorhanden, mit ein paar technischen Tricks können selbst trotz zahlreichen Leitungen und Rohren beinahe überall Bäume gepflanzt werden. Auch die Fassaden erstrahlen in neuen, grünen Kleidern. Wasserelemente sorgen für die notwendige Abkühlung in dem sonst eher heißen Bezirk, auf den Dächern wird mit erneuerbaren Energien experimentiert, auch Urban Gardening wurde als Vertical Farming weiter gedacht. Autos wurden von der Gasse verbannt, Fußgänger*innen und Radfahrer*innen Vorrang eingeräumt. Die Karls*agasse ist ein Vorzeigeprojekt und zieht dadurch auch viele Bewunder*innen und Tourist*innen an. Die Begrünungsmaßnahmen und die Verkehrsberuhigung sorgen auch für eine angenehme Atmosphäre in der Karls*agasse. Die TU freut sich endlich eine Fläche zu haben um ihre Forschungsergebnisse nach außen zu tragen und hat es dadurch zugleich auch geschafft, ihre Gebäude zu einem sichtbaren innerstädtischen Campus zu verknüpfen.


Die Karls*agasse gefällt und wirkt auf den ersten Blick perfekt, doch irgendetwas fehlt. Zwar finden die Anrainer*innen die Umgestaltung, zwar auch gelungen – aber „Das ist halt das was die TU da tut.“ Die unterschiedlichsten Nutzer*innen der Karls*agasse wurden nicht ausreichend mit bedacht und miteinbezogen, zwischen ihnen findet auch jetzt kaum mehr Austausch statt als davor. ie TU dominiert klar, es dauert bis sich die anderen Akteur*innen über die umgestaltete Straße definieren. Die nachhaltige Nutzung der Straße ist so effizient, dass kaum Raum für Spontanität bleibt, Flächen zum Austausch sind teilweise zu kurz geraten.



Die Jukebox - Die Karls*agasse ist das was du aus ihr machst!

Ein Wunschkonzert kann man in der Karls*agasse als Jukebox spielen. Durch die Umgestaltung reagiert die Gasse auf die unterschiedlichen alltäglichen Anforderungen ihrer Nutzer*innen. Gleichzeitig ist sie offen für Neues und spontane Aktionen, auf neue Entwicklungen kann schnell reagiert werden.


Mit geringem Budget und auch entsprechend geringen Risiko bietet die Karls*agasse Platz immer wieder neue Nutzungen auszuprobieren und diese, wenn sie erfolgreich sind, langfristig zu implementieren. Es gibt ein Netz aus vielen kleinen, intimeren Raumeinheiten mit unterschiedlichen Qualitäten, die jedoch miteinander in Bezug stehen. So gibt es sowohl Rückzugsorte als auch Orte des Austausches. Auch in diesem Szenario dürfen Begrünung und andere Maßnahmen zur Klimawandelanpassung nicht fehlen, hier stehen allerdings die Menschen im Fokus, denn auch eine gutes Stadtklima ist wichtig für ihren Alltag. Die Erdgeschosszone wird wieder stärker genutzt, Büro- und Besprechungsräume mehren multifunktional genutzt und können in Randzeiten auch von Student*innen in Anspruch genommen werden. „Tote“ Erdgeschosszonen mit hohem Souterrain oder Garageneinfahrten wurden durch Fassadengestaltungen und Begrünungen zum Leben erweckt. Bänke und Nischen in der Nähe von Hauseingängen erlauben die während der Krise aufgebauten Beziehungen zu den Nachbar*innen zu stärken.


Die Karls*agasse bietet durch ihre Offenheit die Möglichkeiten zu unterschiedlichsten Nutzungen und sozialer Interaktion, sie ist jedoch immer das, was ihre Nutzer*innen aus ihr machen, ihre Wahrnehmung kann sich je nachdem welche Musik gerade aufgelegt wird auch verändern. Die Karls*agasse ist bunt und spontan, sie ist vielleicht nicht die hübscheste und hat ihre Ecken und Kanten, doch durch ihren Nutzungen strahlt sie von innen heraus.



 

Lisa Steiner

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